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ANHELL69

Theo Montoya, Kolumbien, Rumänien, Frankreich, Deutschland 2022, 72 Min., OmeU

Aus verworfenen Casting-Aufnahmen, melancholischen Alltagsbeobachtungen und dekadenten Party-Impressionen seines Freundeskreises schöpft Theo Montoya das morbide und doch zärtliche Porträt einer jungen, queeren Generation in Kolumbien. In dem von Gewalt und Repression geprägten Land vermag sie sich eine eigene Zukunft kaum auszumalen, pflegt zum Tod indes ein enges, fast liebevolles Verhältnis.

Eigentlich hätte es ein fiktionaler Film werden sollen: eine Geistergeschichte, in der die Toten keinen Platz mehr auf den Friedhöfen finden, fortan mit den Lebenden koexistieren und auch sexuelle Beziehungen zu ihnen eingehen – was der Staat rigoros verbietet und verfolgt. Es bildet sich eine klandestine nächtliche Subkultur, in der erotische Begierden ausgelebt werden können, für die das Tageslicht die Vernichtung bedeutet. Eine Woche nachdem Montoya seinen Hauptdarsteller für das Projekt gefunden hat, stirbt dieser an einer Überdosis Heroin. Weitere Todesfälle im Freundeskreis folgen. Sie sind die Geister, die durch den Film wandeln, der letztlich entstanden ist. Dieser bewahrt sich einen dystopischen Charakter, doch die Gefahren, von denen er erzählt, sind ganz real: Sie gehören für diese jungen Leute zum Alltag in einem Medellín, das immer noch tief im Schatten von Pablo Escobar steht, und in dem die Suche nach Lebenslust und menschlicher Wärme durch labyrinthische Abgründe führt.