Bereits in den 1960er und 70er Jahren waren in der Türkei die Fronten zwischen islamisch-konservativen, nationalistischen und sozialistischen Positionen verhärtet. Besonders die Filme der Yeşilçam-Filmindustrie machen diese politischen Konflikte sichtbar. Bemerkenswert an den Filmen jener Jahre ist, dass die Migration nach Westeuropa darin oftmals als erzählerisches Moment dient, um die politisch-ideologischen Konflikte der Türkei auszutragen. Die Beschäftigung mit den in Deutschland größtenteils unbekannt gebliebenen Filmen von Yücel Çakmaklı, Halit Refiğ und Yılmaz Güney, den Repräsentanten dreier ideologisch konträrer Positionen, bedeutet zum einen die Aufarbeitung eines Teils deutscher Migrationsgeschichte: Migrant*innen fungieren als Vehikel des ideologischen Programms der Filme. Zum anderen ermöglicht die Filmreihe auch ein Verständnis der heutigen ideologischen Prägung des Landes zwischen Islam, Nationalismus und (linkem) Revolutionsdrang.
Mit kommentierten Vorführungen und der erstmaligen englischsprachigen Untertitelung eröffnet die Filmreihe einer breiteren Öffentlichkeit den Zugang zu einem entscheidenden Depot migrationskulturellen Gedächtnisses.
Ömer Alkın ist Medien- & Kulturwissenschaftler und Filmemacher. Seine Forschungsschwerpunkte sind Migration, Film und Rassismus. Seine Schriften sind in zahlreichen Büchern und Zeitschriften erschienen. Zuletzt: "Die visuelle Kultur der Migration. Geschichte, Ästhetik und Polyzentrierung des Migrationskinos" (2020, transcript). Er lebt und arbeitet im Ruhrgebiet und in Köln.