Nachdem ihr Vater während der NATO-Bombardierung Serbiens 1999 eingezogen wurde, beginnen drei Schwestern, in ihrem Haus auf dem Land ein Videotagebuch im Hi8-Format aufzunehmen. Sie filmen sich dabei, wie sie sich schminken, Kirschen pflücken, spielen, streiten und ihrer Mutter in der Küche helfen. Diese zerbrechliche, intime Welt wird zu einer Art Zuflucht – eine Pufferzone gegen die äußere Realität mit Sirenen, Bombenangriffen und Krieg. Geschickt verwebt die Regisseurin Emilija Gašić die Sichtweisen der drei Schwestern – jede in einer anderen Phase des Heranwachsens – zu einem vielschichtigen Porträt einer vom Krieg geprägten Jugend. 78 Days fängt nicht nur die Ästhetik, die Charakteristik und die emotionale Wirkung von Heimvideos der 1990er Jahre ein, sondern reflektiert auch darüber, wie die Kamera Teil der familiären Beziehungen wird. Durch die genaue Beobachtung des häuslichen Lebens und der gemeinsamen Autorinnenschaft ist der Film auch ein subtiles Stück technologischer Ethnografie, das nachzeichnet, wie Handheld-Medien Intimität und Erinnerung formen. (ML)